Terminkonflikte anderer haben kurzfristig einen weiteren Konzertbesuch in einer neuen Location ermöglicht. Das MAD Fest 2017 im Dresdner Eventwerk. Wäre ich alleine darüber gestolpert? Bei einer Mischung aus Punk, Oi und Hardcore wohl eher nicht. Was gab es also zu sehen? Fast ausschließlich mir unbekannte Bands (alphabetisch): Agnostic Front, All For Nothing, Bishops Green, Boy, Cock Sparrer, Coldside, Death Before Dishonor, Grade 2 und Risk It.
Ausgehend rein von den Logos nicht so kreativ wie Black Metal , die meisten Bands hatten auch irgendwie einen Anfangsbuchstaben weit vorn im Alphabet und in Summe – ohne es abwertend zu meinen – kam man auch mit einer überschaubaren Anzahl an Riffs und Akkorden zurecht.
Trotzdem eine Enttäuschung? Nein, nur das Publikum und eine völlig ungewohnte Körperlichkeit waren nicht immer so ganz mein Geschmack. Ein Blick auf den Abend:
Coldside
Den Auftakt eines Festivals in seiner schlimmsten Form durften Coldside übernehmen. East Coast Hardcore aus Florida. Während der Einlass noch lief, in einer echt kalten und leeren Halle vor – uns eingeschlossen – vielleicht 40 Menschen, die alle respektvollen Abstand von ca. 10 Metern zur Bühne einhielten. Musikalisch schon ordentlich Brett, aber bei einem Konzert spielt auch irgendwie das drumherum eine gewisse Rolle. Stimmung war noch kurz über dem Nullpunkt, obwohl Coldside schon alles richtig gemacht haben. War halt nur niemand da.
Boy
Oh Boy. Der nächste Act ist schwer zu beschreiben. Optisch zwischen dem Ledermann der Village People und der SS in der Vorstellung japanischer Schulmädchen kam so etwas wie eine Punk-Pop-Pock-Boyband. Boy hat es von Beginn an geschafft nicht zu überzeugen, sowohl musikalisch als auch vong Bühnenpräsenz her. Das aber auch ziemlich konsequent. Heute habe ich leider kein Foto für Dich …
All For Nothing
So langsam war die Hütte auch voller und mit der nächsten Hardcore-Combo kam auch etwas Bewegung dazu. All For Nothing haben – wie alle Bands bis dato und danach – mit Redebeiträgen versucht, eine „Message“ zu verbreiten. Ich fasse mal alle Messages des Abends zusammen: Egal wie unterschiedlich, Punk, Oi, Metal, Hardcore. Spaß. True. Grüße an die anderen Bands.
Sorry, das ist alles gut gemeint und richtig. Vielleicht gibt es tatsächlich Menschen, denen man das sagen muss, aber waren die an diesem Abend anwesend? Eher nicht, der Einlass war sehr rigoros.
OK, zurück zur Musik. Ging ordentlich vorwärts. Die ersten Circlepits. Gutes Geballer in Summe. Ganz nett.
Grade 2
Mit Grade 2 dann wieder Punk – ein steter Wechsel, der sich durch den Abend zog. Nette Idee eigentlich. Jetzt Street Punk, Oi, irgendwas aus dieser Gegend. Generell solide gespielt, aber für mich sind da einfach kaum Unterschiede wahrzunehmen. Ich hätte getippt, sie haben 2 Lieder: das schnelle und das langsamere.
Risk It
Mit Risk It gab es dann den Local Hero beim Mad Fest. Wieder Hardcore. Stramm nach vorne und viel Bewegung im Publikum. Eine durchaus ordentliche Vorstellung.
Bishops Green
Und wieder Punk. Diesmal wirklich Old School Oi. Tatsächlich ganz anständig. Aber eben auch bloß 2 Lieder: schnell und schneller. Und das Publikum kam jetzt deutlich in Bewegung. Weniger Disziplin als die Hardcore-Fraktion. Also wirklich so Dinge wie mit 3 Bechern Bier und Kippe durch das tanzende und springende Publikum laufen und alles vollaschen und/oder bekippen. Gehört wohl dazu … Guter Auftritt trotzdem, das klang tatsächlich true.
Death Before Dishonor
Und wieder Hardcore. East Coast. Death Before Dishonor. Wahrscheinlich die beste Performance des Abends – zumindest aus meiner Perspektive. Sehr metallastig. Mit etwas Übung und ein paar Effektgeräten könnte da tatsächlich noch eine anständige Sludge-Combo draus werden. Spaß beiseite. Der einzige Orange-Verstärker an diesem Abend – was unweigerlich zu Bonuspunkten bei mir führt – und eine hochmotivierte Band. Sehr straight, ordentlich Geballer und tatsächlich auch mal erkennbare Melodien. Gutes Ding.
Agnostic Front
Mit Agnostic Front dann die einzige Band mit deren Namen ich bewusst etwas anfangen konnte. Entgegen des bisherigen Ablaufs wieder eine Hardcore-Combo. Wieder East Coast, diesmal New York. Seit 35 Jahren unterwegs, eine wirkliche Größe also. Leider nicht so mein Ding. Ob das nun an New York oder am doch sehr Old School Sound lag weiß ich nicht, war mir musikalisch einfach zu roh und stumpf, obwohl gefühlt jeder um mich herum die Texte sicher mitsingen konnte. Offensichtlich also nicht schlecht, einfach nur nicht meine Baustelle.
Cock Sparrer
Der letzte Wechsel beim Mad Fest, gefühlt etwas wie ein ganz großer Headliner. Cock Sparrer, seit 1972 unterwegs in Sachen Punk und Oi. Ehrlich, ich habe noch nie von dieser Band gehört. Aber die Devise lautet ja offen sein. Was wurde geboten? Das langsame und das schnellere Lied. Das Publikum ist – für mich nicht nachvollziehbar – komplett eskaliert. Nach drei Takten hatte ich ein halbes Bier auf Shirt und Hose. Unzählige weitere Biere flogen durch den Zuschauerraum. Zeit den bis zu diesem Zeitpunkt grandiosen Platz 10 Meter vor der Bühne zu verlassen.
Etwas abseits wurde versucht die offensichtliche Euphorie nachzuvollziehen. Es ist mir beim besten Willen nicht gelungen.
Fazit Mad Fest
Es war ein Festival und das lebt im Zweifelsfall auch von einer bunten Mischung. Die gab es auf dem Mad Fest reichlich. Natürlich war nicht jede Band mein Fall, aber in Summe gab es keine inakzeptable Anzahl von Ausreißern. Die Hütte war am Anfang echt ein bisschen frisch – zum Ende hin sicherlich gut so. Ohne Diskussion, das war absolut OK. Von daher eine Gesamtwertung leicht über der gemittelten Einzelwertung der Band:
👕👕👕👕
Micha
November 27, 2017 — 10:56
Passender und launiger Abriss des „Events“ … bei der Bewertung von AF gibt es von meiner Seite subjektive fünf Punkte, ansonsten Daumen hoch.
Der Ansatz, verschiedene Stilrichtungen in einem Festival zu vereinen, hat gepasst und zu gefühlt verschiedenen Fangruppierungen incl. unterschiedlichster Performances derselben geführt.
In Summe cooles Erlebnis, etwas zu lange mit etwas zu vielen Bands … jetzt ein kleiner Widerspruch in sich – Lousy aus „Karl-Marx-Stadt“ hätte ich hier gern noch gesehen!